Atmen ist im vergangenen Jahr durch das Zusammentreffen von
Corona-Pandemie und rassistischer Polizeigewalt in den USA und den
darauf folgenden globalen Protesten in das Blickfeld gerückt. Aber auch
in der Debatte um durch die Pandemie verminderte CO2-Emissionen oder den
erhöhten Zulauf zu Selbstsorgetechniken wie Yoga oder
Achtsamkeitsmeditation ist die Frage des Atmens ebenso wie der Atemluft
von zentraler Bedeutung. Im Verbund mit der Photosynthese ist Atmen der
grundlegende Kreislauf des Lebens auf der Erde. Atmen selbst zeichnet
sich dadurch aus, dass es erst bewusst wahrgenommen wird, wenn es zu
einer Einschränkung kommt – etwa in der medizinischen Notwendigkeit zur
Beatmung oder dem gewaltvollen Verhindern des Atmens. Darin ähnelt es
einer recht basalen Definition von Medien, die erst durch Störungen zum
Gegenstand der Untersuchung werden. Ausgehend von dieser Analogie wollen
wir uns im Seminar dem Atmen aus medienwissenschaftlicher Perspektive
nähern, um uns an einer Analyse der sehr ungleichen und ungerechten
Lebensbedingungen in der Pandemie zu nähern. Dabei rücken neben den
Techniken und Technologien des Atmens auch politische, ökonomische,
ökologische und rechtliche Fragen in den Blick.
Das Seminar ist als Forschungsseminar konzipiert: Im ersten Teil
lesen wir uns gemeinsam in das Thema ein; im zweiten Teil werden in
Kleingruppen kleine Forschungsprojekte entwickelt und bearbeitet, die
sich jeweils einem Phänomen, einer Technik, einer Technologie analytisch
annähern. Die Präsentation der Ergebnisse erfolgt in einer
abschließenden Blockveranstaltung, die in Kooperation mit dem
gleichnamigen Seminar von Prof. Dr. Henriette Gunkel an der Ruhr
Universität Bochum (Institut für Medienwissenschaft) stattfinden wird.
Literatur zur Vorbereitung:
Achille Mbembe: The Universal Right to Breathe, in: Critical
Inquiry, 13.4.2020,
https://critinq.wordpress.com/2020/04/13/the-universal-right-to-breathe/