Einschreibeoptionen

In ihrer im Jahr 1995 verabschiedeten Erklärung von Prinzipien der Toleranz definiert die UNESCO Toleranz als „Respekt, Akzeptanz und Anerkennung der Kulturen unserer Welt, unserer Ausdrucksformen und Gestaltungsweisen unseres Menschseins in all ihrem Reichtum und ihrer Vielfalt”. Tatsächlich geht der Appell, gegenüber Andersdenkenden und -handelnden eine affirmierende, anerkennende Haltung einzunehmen, jedoch weit über das hinaus, was traditionellerweise mit dem Begriff der Toleranz verbunden ist. Etwas zu tolerieren bedeutet im ursprünglichen Wortsinn zu erdulden, was man eigentlich ablehnt – zu erlauben, was man an sich lieber verbieten würde (und könnte). Historisch entstand dieses Modell aus der Notwendigkeit, mit der Vielfalt der Meinungen und Lebensweisen in pluralen Gesellschaften zurechtzukommen. Doch das klassische Konzept der Toleranz ist in Verruf geraten. Denn eine Person oder Gruppe von Menschen zu erdulden, heißt ja immer noch, sie oder ihr Handeln geringzuschätzen. Das brachte schon Goethe zu der Auffassung, Toleranz dürfe allenfalls eine vorübergehende Gesinnung sein und müsse über kurz oder lang zur Anerkennung führen: „Dulden heißt beleidigen.”

In diesem Sinne haben in jüngerer Zeit Autoren wie z.B. Charles Taylor und Axel Honneth eine Ethik der Anerkennung propagiert. Danach schulden wir unseren Mitmenschen nicht nur Respekt in dem Sinn, dass wir ihre Grundrechte als Bürger und moralische Subjekte achten und möglichst nicht in ihre persönlichen Freiheiten eingreifen, sondern darüber hinaus auch Wertschätzung und (vor allem in ihrer Kindheit) sogar Liebe, indem wir ihre Leistungen, ihren Status, ihre individuelle und kulturelle Identität gutheißen und sie in ihrer persönlichen Lebensplanung unterstützen. 

Aber wäre eine Kultur der Anerkennung tatsächlich einer Politik der ‚bloßen‘ Toleranz vorzuziehen? In diesem Seminar sollen begriffliche und ethische Probleme von Toleranz und Anerkennung als alternativen Konzeptionen des gesellschaftlichen Umgangs mit kultureller Diversität genauer untersucht und diskutiert werden: Warum sollte man etwas, was man für moralisch falsch hält, überhaupt tolerieren (und nicht konsequenterweise unterbinden)? Lässt sich gesellschaftliche Anerkennung überhaupt moralisch einfordern? Wie könnten oder sollten konkurrierende Anerkennungsansprüche verschiedener gesellschaftlicher Gruppen gegeneinander abgewogen werden? Und: Sind Toleranz und Anerkennung letztlich nicht auch nur besonders subtile Formen der Unterdrückung, bei denen eine gesellschaftliche Autorität festlegt, welche Überzeugungen und Praktiken sie anderen Gruppen zugesteht?

Selbsteinschreibung (Teilnehmer*in)
Selbsteinschreibung (Teilnehmer*in)