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Im Rechtswesen des 18. Jahrhunderts galt als „Verräther“, so Zedlers Universallexikon, wer „seine anbefohlne Sachen verwahrloset“ – und zwar mit Kalkül. Der Verräter setzt auf falschen Schein, auf Heuchelei, Verstellung und Verkleidung, die ‚Mummerey‘. Vielfach tritt der Verräter oder „Mummer“ als Spieler auf, der sich seiner verschiedenen Masken nach allen Regeln der Kunst zu bedienen weiß, wenn er im Dienst der (eigenen) Sache politischen, religiösen oder Liebesverrat begeht, als Spion oder Spitzel agiert. Ihm gegenüber steht der Verratene, der durch den Treuebruch zum Opfer und nicht selten einem dritten ausgeliefert wird. Aus Leidenschaft und Rache, aus Ehrgeiz und Machtgier wird verletzt, verleumdet und verkauft, doch nur selten ist der Verräter eine simple Verkörperung des Bösen. Seine Motive sind vielfältig.

In seiner Komplexität ist der Verräter ein für die Literatur attraktives Sujet, dessen Geschichte mindestens bis in die Antike zurückverfolgt werden kann. Coriolan, Judas oder Hagen – sie stehen lediglich zu Beginn einer bis in die Gegenwart reichenden Reihe von Verrätern, die (auch) literarisch in Erscheinung traten. Mit Hilfe der narratologischen Figurenanalyse zeichnet das Seminar verschiedene Typen des Verräters wie auch die historische Entwicklung des Motivs von der Aufklärung bis in die Gegenwart nach. Die Kontinuitäten und Verschiebungen in seiner literarischen Darstellung werden anhand von Texten von Klopstock, Schiller, E.T.A. Hoffmann, C.F. Meyer, Doderer, Cornelia Schleime u.a. herausgearbeitet. Inwiefern vor diesem Hintergrund ein kulturgeschichtlicher Wandel in der Rezeption von Verrat und Verräter konstatiert werden kann, wird zu diskutieren sein.

Zur Einführung empfohlen:

[Art.] Verräter. In: Elisabeth Frenzel: Motive der Weltliteratur. Ein Lexikon dichtungsgeschichtlicher Längsschnitte. 6., überarb. u. erg. Aufl. Stuttgart 2008, S. 775–788.

[Kap.] 3.2 Fiktive Erzählwelten und ihre Bewohner. In: Tilmann Köppe/Tom Kindt: Erzähltheorie. Eine Einführung. Stuttgart 2014, S. 115–160.


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