Medien und Müll: Medienkulturwissenschaftliche Perspektiven auf das Weggeworfene und Liegengelassene
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Der gewöhnliche Umgang mit Resten und Abfall beschränkt sich auf deren Beseitigung: Sie gehören weggewischt und weggeworfen, verbuddelt, verbrannt oder verschifft, in jedem Fall also verunsichtbart. Zugleich fallen sie immer und überall an, sind Motoren lokaler und globaler Verwertungsindustrien und gehören, etwa als Mikroplastik, mittlerweile zum festen Bestandteil auch ,natürlicher' Prozesse. Wenn Abfall also das Abgefallene, Unfunktionale auch Widerliche ist, so doch niemals nur einfach Weggeworfenes. Es stellt in vielfacher Hinsicht ein Anderes dar, das in Beziehung mit uns tritt, uns organisiert und herausfordert. Müll und die Orte, an denen er gesammelt wird, können etwa als räumliche und soziale Sortiermaschinen fungieren: Nicht selten entscheiden Nähe und Distanz zu Müll über den sozialen Status eines Individuums und strukturieren das, was als Zentrum und Peripherie wahrgenommen wird. Zugleich kommt den Resten auch jenes Potential zu, eben diese Ordnungssysteme zu stören: So laden Gefundenes und Übriggelassenes auch zum Spielen und kreativen (Miss-)Gebrauch ein, Schrottplätze werden zu Orten des Abenteuers, der Imagination und verborgener Schätze und es sind schließlich menschliche (Über-)Reste, über die wir uns unserer eigenen Sterblichkeit bewusst werden.
Im Seminar unternehmen wir einen Streifzug durch diese Ambivalenz des Abfalls und befragen Filme, Fernsehserien und Performances, die sich direkt oder indirekt mit dem Ausgesonderten beschäftigen, auf ihre Potentiale ebenso wie auf ihre Ein- und Ausschlussmechanismen. Dabei wird vor allem ein medientheoretischer Blick eingenommen, der Medien selbst und den Umgang mit ihnen mit metaphorischen und realen Aspekten des Mülls verbindet. So gilt es etwa in Anlehnung an Christian Waitz zu fragen, ob das Fernsehen als "schmutziges" Medium charakterisiert werden kann oder ob der digitale Raum, mit seinen Praktiken des Zitierens und Remixens eben auch lumpenhafter, visueller Versatzstücke nicht bereist als Kultur der (visuellen) Reste zu verstehen ist.
- Trainer*in: Florian Schlittgen