Soll man in einem ungerechten
Krieg die richtige Seite mit Waffen unterstützen, obwohl damit
voraussichtlich auch unschuldige Zivilisten getötet werden? Darf man
gegenüber einer Freundin eine für sie wichtige Information
verschweigen, weil man jemand anderem versprechen musste, sie nicht
zu verraten? Macht man sich moralisch schuldig, wenn man ein
einmaliges Arbeitsangebot auf einem anderen Kontinent annimmt, obwohl
man das einzige Kind pflegebedürftiger Eltern ist?
Schwierige
moralische Entscheidungen werden im Alltagsgespräch oft als Dilemma
bezeichnet. Dabei wird zwischen einem moralischen Konflikt und einem
Dilemma kaum unterschieden. Anders in der Philosophie: Hier wird
nicht nur über den Unterschied zwischen auflösbaren Konflikten und
unlösbaren Dilemmata diskutiert, sondern auch über die Frage, ob es
moralische Dilemmata überhaupt gibt. Diejenigen, die das bestreiten,
gehen davon aus, dass es in jeder Situation eine richtige moralische
Entscheidung gibt, auch wenn wir nicht immer wissen können, welche
das ist.
Im
Seminar werden zunächst verschiedene Auffassungen zu moralischen
Entscheidungsprinzipien (monistisch, pluralistisch) thematisiert,
wobei W. D. Ross‘ Konzept einen Schwerpunkt bildet. Im zweiten Teil
des Seminars steht die Dilemma-Diskussion und der auf Sartre und
Walzer zurück gehende Topos der „schmutzigen Hände“ im
Mittelpunkt. Zur Erörterung und Überprüfung der jeweiligen
Positionen werden Fallbetrachtungen herangezogen.