- Trainer*in: Johannes von Dohnanyi
Und willst Du nicht mein Bruder sein... Kopie 1
Und willst Du nicht mein Bruder sein, so schlag ich Dir den Schädel ein! So beschrieb Reichskanzler Bernhard von Bülow vor 110 Jahren die innenpolitische Lage im Deutschen Reich. Heute ist der Satz wieder aktuell. Wo früher – gerne auch hitzig – im öffentlichen Raum gestritten wurde, wird zunehmend gepöbelt, gehetzt, verleumdet, werden Gegner zu Feinden, denen mit nackter Gewalt gedroht wird. Wohin das führen kann, sollten gerade wir Deutschen nach Nazi-Terror und zwei Weltkriegen im vergangenen Jahrhundert nur allzu gut wissen.
Aber 75 Jahren nach Kriegsende werden die Erinnerungslücken größer. Grund genug, sich in diesem Seminar mit realen und gefühlten Ursachen für die zunehmende Gereiztheit in der Gesellschaft zu beschäftigen.
Wer oder was treibt liberal-tolerante Gesellschaften auf ständig neue Gipfel kollektiver Erregtheit? Haben wir die Kunst des offenen Dialogs und des konstruktiven Streits verlernt? Und gibt es Wege zurück in eine neue Streit- und Debattenkultur?
Angelehnt an den britischen Premier und Kriegsminister Sir Winston Churchill und sein Bonmot „Jaw-jaw is always better then hawk-hawk” wollen wir über diese und andere Fragen ein Wochenende lang reden, diskutieren – und zivilisiert streiten!
- Trainer*in: Marcel Roth
Der Radiobeitrag, Übung, erster Termin, online
Radioreporter müssen viele Formate beherrschen: Moderationen mit O-Tönen, Kollegengespräche und gebaute Beiträge mit O-Tönen und Atmo. Letztere gelten bei Radiosendern oft als das klassischste Radioformat. Wodurch zeichnet sich ein gut gemachtes Radioformat aus? Wie sieht vor allem ein guter Radio-Text aus? Am Ende des Seminars hat jeder Teilnehmer einen eigenen Radiobeitrag gemacht: recherchiert, Interviews geführt, O-Töne und Atmos aufgenommen, geschnitten, getextet und produziert.
Die Aufnahmen sollen die Teilnehmer selbständig vor dem Wochenend-Termin machen.
Das ersten Treffen wird remote stattfinden. Darin geht es um die Grundlagen. Das erste Treffen ist verpflichtend!
Um O-Töne und Beitragstext aufzunehmen, wird ein Aufnahmegerät des Instituts oder ein eigenes Mikrofon empfohlen – zur Not genügt auch ein Smartphone. Um den Beitrag zu produzieren, wird ein Notebook/PC empfohlen, als Audio-Bearbeitungssoftware Audacity. |
Bemerkung |
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!!!Achtung: Sie dürfen sich nur für jeweils ein Seminar pro Modulbestandteil anmelden!!! Nur so kann für eine faire Platzvergabe garantiert werden. Wer sich trotzdem für mehrere Seminare anmeldet oder einen Platz im vergangenen Semester unabgemeldet nicht in Anspruch genommen hat, wird bei der jeweils aktuellen Platzvergabe nur dann berücksichtigt, wenn noch Restplätze zur Verfügung sind. Sie dürfen sich also nur für ein Seminar innerhalb der Modulbestandteile "Creative Writing", "Theater/ Rhetorik", "Film/ Video", "Hörfunk/ Audiomedien", "Film/ Fernsehen/ Bildmedien", "Neue Medien/ Internetjournalismus" entscheiden. Achten Sie bei Ihrer Anmeldung auch auf parallel-stattfindende Seminare. Es ist unvermeidlich, dass sich an den Wochenenden Veranstaltungen überschneiden. Berücksichtigen Sie das im Vorfeld Ihrer Platz-Wahl, denn für die Praxis-Kurse gilt die Erbringung des "Nachweises über eine aktive und verpflichtende Teilnahme"! Es besteht eine Anwesenheitspflicht! |
- Trainer*in: Maren Butte
perform / transform - Über die Medialität des Schauspielens
Das Seminar bildet eine Einführung in die Theaterwissenschaft / Performance Studies aus der Perspektive medienkulturwissenschaftlicher Fragestellungen. Im Fokus stehen die Theorien und Praxis des Schauspielens als transmedialem Phänomen zwischen Theater, Film und digitalen Medien. Wir untersuchen das Verhältnis von Person, Figur / Rolle und Techniken der Verwandlung / Transformation, der Kommunikation und der Berührung. Dabei blicken wir auf die Inszenierungs- und Aufführungspraktiken bestimmter (medien-)kulturelle Figuren: Schauspieler*innen, Performer*innen, Celebrities, Avatare in ihren jeweiligen medialen Umgebungen und historischen Kontexten. Ein Schauspieltrainingsworkshop ist geplant sowie Events in Kooperation mit dem tanzhaus nrw und FFT Düsseldorf.
- Trainer*in: Christina Schmitz
"The time is out of joint!" – Hauntology im Film
Der französische Philosoph Jaques Derrida charakterisiert
die Figur des Gespenstes dadurch, dass es nicht vollständig präsent sein kann:
es hat kein Sein an sich und kennzeichnet ein Wirken ohne Existenz. Diesen
Zustand des gespenstischen Seins, beschreibt er unter dem Begriff der
„Hauntology“. Der 2017 verstorbene Kulturwissenschaftler Mark Fisher macht
Derridas Begriff für die Analyse popkultureller Werke produktiv und
identifiziert darunter solche Gegenstände, die das Gefühl gebrochener Zeit
sowie den Verlust von Zukunft und Historizität einfangen. Dabei nennt er sowohl
Melancholie als auch die Sehnsucht nach einer Zukunft als charakteristische
Merkmale. In dem Seminar untersuchen wir verschiedene Filme, in denen jene Gespenster
einer verlorenen Zukunft spuken und verknüpfen diese mit zeitgenössischen
Überlegungen.
- Trainer*in: Bernard Hoffmeister
Literarische Kulturwissenschaft: Walter Benjamins Passagenarbeit in Paris erschreiben
Als Zentralgestirn steht die Passagenarbeit im Mittelpunkt des Denkens von Walter Benjamin. Es scheint, dass Benjamins Anliegen eine theoretische Praxis fundamental herausfordern wollte. Die Passagenarbeit gilt als unvollendetes messianisch-alchimistisches Grand OEuvre. In einschlägiger Forschung vermutet man, dass die Fragment gebliebene Passagenarbeit nichts geringeres als eine materiale Geschichtsphilosophie des 19. Jahrhunderts dargestellt hätte. Andernorts geht man davon aus, sie sollte keine Kulturgeschichte einer konkreten Urbanität im 19. Jahrhundert werden, „sondern eine phänomenologisch gesättigte, sozialphilosophisch fundierte und geschichtsphilosophisch substantiierte Theorie der Moderne” werden.
Diese Thesen gilt es einerseits mit einer kulturwissenschaftlichen Herangehensweise zu überprüfen (Blockseminar-Teil), andererseits versucht das Seminar in der Passagenarbeit auch eine Schreib-Praxis abzuleiten, die an der Schnittstelle von Literarizität und Essayistik arbeitet (Exkursion nach Paris).
Denn formal zielt Walter Benjamins Passagenarbeit darauf ab die Ursprünge der Moderne performativ mithilfe literarischer Montage erlebbar und erlesbar zu machen. Ausgangspunkt dafür sind die Realien der Stadt Paris, laut Benjamin, die Hauptstadt des 19. Jahrhunderts.
Darum wird das Hauptaugenmerk des Seminars darauf liegen, sich vor Ort in Paris schreibend zu Benjamins Passagenarbeit zu verhalten. Unzählige Stellen in der Passagenarbeit verweisen ganz explizit auf unterschiedliche Orte in Paris und entwickeln mithilfe literarischer Techniken theoretische Miniaturen.
Ziel des Seminars ist also zweierlei: Benjamins Passagenarbeit anhand von Primär- und Sekundärquellen für eine kulturwissenschaftliche Herangehensweise fruchtbar zu machen und in einem zweiten Schritt mit eigenen literarisch-essayistischen Techniken Benjamins Passagenarbeit vor Ort in Paris zu erforschen.
- Trainer*in: Melanie Fritsch
A Tale of Techno, Trance and Trackers. Games, elektronische Musik und Clubkultur
Mai 2022. Während der rothaarige DJ mit dem Tentakelmund, der
grüngesichtige Troll und andere Künstler*innen im „La Capella” im
Zentrum Barcelonas ihre Live-Sets spielen, tummelt sich auf der
Tanzfläche eine bunte Mischung aus DataVamps, CybORKs, Virtual Elfs,
Agi-Faes und ProTROLLgens. All diese Wesen sind Teilnehmer*innen von
NeuroXcape: The Role Play Game, einem Projekt des spanischen Kollektivs
für elektronische Musik und Kunst NeuroDungeon. In NeuroXcape werden
Clubbing und Gaming verschmolzen, um „on networked connectivity, online
relationships (AFK, Away From Keyboard) and personal interconnectedness”
zu reflektieren, wie es auf der Veranstaltungswebseite heißt
(https://www.lacapella.barcelona/en/neuroxcape-role-play-game).
Erste
Berührungspunkte zwischen Games und Spielkultur, elektronischer Musik
und Clubkultur finden sich bereits Ende der 1970er Jahre. Im Rahmen
dieses Seminars verschaffen wir uns zunächst einen Überblick über die
vielfältigen Themenbereiche, die in diesem Kontext von Interesse sein
könnten (z.B. die Darstellung von Clubs und Clubkultur in digitalen
Spielen, virtuelle Clubs in Onlinespielen, der Rave als ludischer Raum,
ästhetische und technologische Austauschprozesse usw.). In einem zweiten
Schritt verengen wir die Perspektive auf einige ausgewählte Phänomene.
BITTE BEACHTEN: Die Veranstaltung findet als Blockseminar statt.
- Trainer*in: Oliver Kröner
Media Fandom in the Digital Age
Media convergence and the increasing digitization of society have transformed both the production and the reception of contemporary media (e.g., film, television, music, video games). Fans have never been the passive consumers that media producers once regarded them as, but now more than ever, fans are engaging with texts in ways that actively shape the texts themselves, evoking questions of identity, community, and authorship. This course offers an introduction to the study of media fandom. In addition to tracing the history of fan studies, we will analyse different fan cultures (e.g., film, television, sports, comics) and explore several theoretical concepts that are closely tied to the study of fandom (e.g., participatory culture, transmedia storytelling, worldbuilding). Over the course of this seminar, we will also investigate negative forms of fandom (e.g., anti-fandom, toxic fandom) and assess fandom from an intersectional and a transnational perspective. This seminar will enable students to critically assess fan cultures and media reception in an age in which fans have become the driving force behind some of the most successful media franchises in the world (e.g., Star Wars, the Marvel Cinematic Universe, the Wizarding World).
- Trainer*in: Oliver Kröner
From Carnival to Media Convergence: Professional Wrestling and the Making of an American Television Genre
Pro-wrestling is an inherently American television genre: The stories that wrestling programmes tell frequently hearken back to the American Dream of upward mobility; the characters featured—from the American patriots and evil foreigners of the 1990s to today’s media influencers and right-wing conspiracy theorists—mirror the American zeitgeist; and the steady global expansion of the WWE (World Wrestling Entertainment) media empire, personified through its chairman Vince McMahon, is a prime example of American capitalism. In addition to their ‘Americanness,’ wrestling programmes exemplify contemporary post-cinematic forms of entertainment: they are comprised of aesthetic and narrative elements from different types of media (e.g., literature, film, theatre, video games), tell serialised transmedia stories, and are distributed globally via a multitude of digital streaming platforms. Over the course of this seminar, we will investigate the history, the narration, the aesthetics, the reception, and the distribution of American television wrestling. While we will primarily examine pro-wrestling in the context of media convergence, our investigation will also consider current academic debates on genre, gender, and pandemic media. This seminar will provide students with a deeper understanding of post-cinematic forms of entertainment and help them gain more insight into the narrative setup, cultural impact, and popular appeal of an understudied TV genre that attracts millions of international viewers on a weekly basis.
- Trainer*in: Adina Lauenburger
Technologien des Selbst in Zeiten von Social Media
Medien sind Erweiterungen des Selbst. Unter diesem Leitgedanken hat schon Marshall McLuhan in den 1960er Jahren Medien beschrieben und systematisiert. Technologien bringen Kulturtechniken und damit Ideale, aber auch Phantasmen des Selbst hervor. Ein Miteinander von Subjektivierungsformen und Selbstpraktiken – wie etwa die Selbstoptimierung – ist auch auf Social Media-Kanälen zu verzeichnen.
Ausgehend von Denkfiguren Michel Foucaults lassen sich daher viele dieser Weisen – Techniken und Technologien – des Selbst unter dem Stichwort der „Sorge um sich” zusammenfassen und anhand verschiedener Konzepte wie Subjekt und Subjektivität, Autorität und Autorschaft, Körper und Geschlecht, aber auch Wahrheit, Wissen und Macht einer eingehenden Analyse unterziehen.
Durch die Übertragung der Selbstsorge an Medien (wie vorher an den Staat oder Souverän) entsteht eine neue ‚Systemloyalität‘. Die „Instrumente produktiver Macht” (Foucault) sind nun die ‚Netzwerke‘: im technologischen wie sozialökonomischen Sinne. Und mit dieser Abtretung stehen Formen der individuellen Selbstprüfung (vgl. etwa das Aussetzen der Selbstbeherrschung beim Cybermobbing), insbesondere aber der Status von Privatheit auf dem Prüfstand.
- Trainer*in: Adina Lauenburger
Technopathologien um 1900: Berühren, Empfinden, Erregen
Medientechnologien der Übertragung und Speicherung wie Telegrafie und Telefonie, Phonographie, Fotografie und Kinematografie mussten für das Gros der Menschen im ausgehenden 19. und frühen 20. Jahrhundert unverständlich – ihre Mechaniken also intransparent – bleiben, da dasjenige, was sie übermittelten, gemessen an der menschlichen Wahrnehmung nicht frei von Störungen war und zudem die Sinne mehrheitlich überwältigte. Das, was sich neben dem eigentlichen Inhalt also ebenfalls ›übertrug‹ oder ›einschrieb‹, wurde daher dem Übersinnlichen oder Pathologischen statt dem Medium zugerechnet und alsbald auch mit dem Unbewussten verknüpft. Gerade die prominenteste Kulturtechniken des frühen 20. Jahrhunderts, die Psychoanalyse, ist ohne diese Medien nicht zu denken, schließlich das, was man Medien zuschrieb, nicht ohne die Psychoanalyse.
Es ist wiederum kein Zufall, dass sich der Begriff ›Medium‹ selbst zunächst im spiritistischen Kontext etabliert und dort eine Entwicklung und Differenzierung vom neutralen Kanal zum Medienkörper vollzieht, der – so jedenfalls die Vorstellung, die sich in Wörterbüchern und Lexika dieser Zeit findet – besetzt und aufgezehrt werden kann. Eine ähnliche Pathologisierung erfahren schließlich die Somnambulen, Nervösen und Hysterischen, deren Leiber zum Medium der Beherrschung (durch Suggestion oder Hypnose) und Affizierung (durch elektrische o.a. Stimulation) oder zum Aufführungsort innerer Leiden (ihrer eigenen Psychopathologie) und zugleich Motiv einer neuen Form der wissenschaftlichen – mediengestützten – Überwachung werden. Eine solche Berührbarkeit und Empfindungsfähigkeit wird schließlich aber auch den Medien selbst zugeschrieben, um Störungen zu erklären oder diese nicht aufgehenden Sinn-Reste in neue Praktiken und Ästhetiken zu überführen. Und zuletzt ›übertragen‹ sich die Vorstellungen nicht nur vom Übersinnlichen in einen Medienleib, nicht nur von Körpern in Medienpraxis, sondern als Zuschreibungen auch von Medium zu Medium. Als beispielhafte Fachbegriffe sind hier Resonanz, Schock oder Schwindel zu nennen.
Dieses an frühen Primärtexten orientierte Seminar hat zum Ziel, die Wechselwirkungen zwischen Medientechnologien und Wissenschaft sowie kultureller Aneignung am konkreten Beispiel nachzuvollziehen. Es ist chronologisch aufgebaut, um gedankliche oder experimentelle Einfassungen des Medialen über die Grenzen eines Einzelmediums hinaus als Prozess kenntlich zu machen. Es lädt ein zur genauen Lektüre der Texte, zur Bergung des Fachvokabulars sowie Erschließung der natur- oder pseudowissenschaftlichen Kontexte (etwa Wellen- und Äthertheorien, Elektrizität, Elektromagnetismus, aber auch Psychometrie/Parapsychologie).
- Trainer*in: Tomy Brautschek
Pop als transmediales Referenzsystem
Entgegen einer obsolet gewordenen Lesart als kulturindustrielle Unterhaltungsstrategien, werden die heterogenen Elemente der Popkultur (Filme, Serien, Comics, Magazine, Musik, Mode, Games etc.) mittlerweile als gesellschaftlich relevanter Bedeutungskomplex interpretiert. Im Sinne eines semiotischen Kulturbegriffs lässt sich Pop dabei als eine hybride Medienmaschine verstehen, die in audiovisuellen Prozessen unaufhörlich Zeichen produziert, sampelt, loopt oder (um-)codiert. Im Beobachtungsfeld dieser Alltagskultur bilden Verknüpfungslogiken unterschiedlicher Narrative, Diskurse und Ästhetiken daher ein komplexes Referenzsystem. Gegenüber anderen, vermeintlich ‚höheren‘, bzw. ‚ernsteren‘ Kunstformen zirkulieren Inhalte oder Formen hierbei wesentlicher zwischen verschiedenen Medien und gehen über sie hinaus. Nicht selten lösen sich Motive, Klänge oder auch Körperposen aus ihrem medialen Erzeugungskontext und transzendieren zu autonomen Codes, schaffen Identifikationsangebote, werden angeeignet und rekombiniert. Die Zeichenfolgen entsprechen in diesem Zusammenhang gewissermaßen Derridas dekonstruktivistischer Perspektive auf performative Sprechakte: sie funktionieren quasi als „Zitationen ohne Original”. Daher soll in diesem Seminar den aus Remediationen und Kulturtechniken wie Appropriation, Sampling oder Montageverfahren produzierten Zeichenketten theoretisch wie beispielhaft nachgegangen werden. Medienkulturelle Texte sollen vor dem Hintergrund ihrer intermedialen Verflechtungen als Zitationsmatrix dechiffriert und in Bezug zueinander gelesen werden. Im Fokus der Analysen stehen dabei Phänomene wie Retroästhetiken und Mediennostalgie (Stranger Things, Amy Winehouse, Instagram-Fotofilter, Schallplatten), aktuelle audiovisuelle Produktionen der Popmusik (Kendrick Lamar, Billie Eilish, Bon Iver) oder auch Beispiele transmedialer Erzählformen (Star Wars, Jackie Brown, Matrix).
- Trainer*in: Tomy Brautschek
Cutting Loops, Sampling Sounds: Techniken des Hörens und Praktiken der Klanggestaltung
Die heutige Klang- und Musikkultur besitzt eine spezifisch durch die Allgegenwart von Medientechnik geprägte ästhetische Form. Denkt man dabei nur an die ubiquitären Rezeptionsmöglichkeiten über Streamingdienste, Rundfunk oder Videoportale wird schnell klar, dass die Musikwahrnehmung jenseits technisierter Hörweisen wohl eher Ausnahmen bilden. Vor allem für den Bereich der Popkultur ist die Technologisierung von Musik, was in Kittlerianischer Lesart bereits der Terminus „Sound” impliziert, nahezu konstitutiv. Von dieser medialen Entwicklung sind natürlich nicht nur die Rezeptionsbedingungen, sondern ist auch das Musizieren und Komponieren selbst okkupiert worden. Entscheidende klangästhetische Veränderungen wurden pophistorisch meist durch mediale Zäsuren bewirkt. Davon zeugen auch die zahlreichen Ursprungsmythen mit ihren ‚Göttern‘ der Tonproduktion: So etwa Phil Spector oder die Beatles, die die ‚reine‘ Aufzeichnungsfunktion des Tonbandes überwinden, indem sie durch Schichtverfahren und Schnitttechniken klanggestalterisch ihre Musik manipulieren (Smudits). Oder Kraftwerk, für die der Synthesizer „eine Art Nullpunktästhetik" (Matejovski) ihrer Kompositionen markiert. Den gegenwärtigen Pop-Sound hingegen beherrschen artifizielle Gesangstimmen, die von Software-Effekten automatisierter Tonhöhenkorrekturen erzeugt werden. Für Cher über T-Pain, Kanye West und Future bis etwa hin zu Bon Iver ist der Auto-Tune-Algorithmus ein wichtiges sound-ästhetisches Stilmittel (Reynolds). Entscheidend ist jedoch nun, dass man den Umgang mit all diesen unterschiedlichen Audiotechnologien nicht nur als mediale Praktiken, sondern als ganz „spezifische Formen des Musizierens" (Waldecker) verstehen kann. Aber auch jenseits musikästhetischer Strategien bildet Klang ein scheinbar notwendiges Gestaltungselement innerhalb des ‚postmodernen‘ Soundscapes. Sprachsynthese und andere künstlich erzeugte Stimmen (z.B. Sprachassistenten) eröffnen ein diskursives Spannungfeld zwischen Gendertheorie und dem Unheimlichen. Diese und andere Techniken des Hörens und Praktiken der Klanggestaltung wollen wir in diesem Seminar erarbeiten und diskutieren.
- Trainer*in: Tomy Brautschek
„I Hear a New World“: Einführung in die Erforschung auditiver Medienkulturen
Sound ist zu einem Universalbegriff der medien- und musikwissenschaftlichen Erforschung von auditiver Kultur avanciert. Innerhalb des mittlerweile institutionalisierten Forschungsfelds der Sound Studies werden nicht nur musikalische, sondern allgemein akustische Phänomene vor dem Hintergrund ihrer kulturellen, sozialen, historischen oder medialen Bedingungen reflektiert. Dabei profitiert vor allem auch die bisher auf Analyseverfahren der Notenschrift beruhende Musikwissenschaft von einer paradigmatischen Erweiterung vom „System Ton zum System Sound”. Durch eine eher interdisziplinäre Ausrichtung auf Klangphänomene vollzieht sich sowohl eine methodologische Horizontverschiebung als auch eine diskursive Öffnung von traditionellen hin zu eher zeitgenössischen Formen der Musik. Pop und seine Soundkulturen werden zu Erkenntnisobjekten und bedienen nicht länger nur eine kulturindustrielle Manipulationsthese. Dabei sind in der musikalischen Produktionsästhetik der Pop- und Rockkultur elektroakustische Prozesse der Klanggestaltung bekanntermaßen von besonderer Signifikanz, deren medientechnische Voraussetzung wesentlich auf den weiterentwickelten Speicher-und Wiedergabemedien der Phonographie beruht. Für diese Verfahren der Tonproduktion erscheint der Sound-Begriff als durchaus programmatisch, „weil Sound das Unaufschreibbare an der Musik und unmittelbar ihre Technik ist” (Friedrich Kittler). In diesem Seminar wollen wir in das Forschungsfeld der Sound Studies mit einschlägigen Texten einsteigen und uns zeitgenössischen Problemen und Themen der Medienkultur aus auditiver Perspektive stellen. |
- Trainer*in: Julia Gül Erdogan
Neue Technik, eigensinnige Praktiken: Geschichte(n) der Computersubkulturen
Mit dem Beginn der privaten Computernutzung bildeten sich seit den
späten 1970er Jahren diverse Subkulturen heraus, die sich durch
eigensinnige Praktiken im Umgang mit der noch neuen Computertechnik
auszeichneten. Ihr spezifisches Wissen und ihre Aktivitäten standen
dabei in einem komplexen Verhältnis zu anderen Benutzer:innen, zur
Politik sowie zu Märkten und Massenmedien. Darüber hinaus prägten sie
die Nutzung der Computer entscheidend mit.
Um der vielschichtigen
Bedeutung dieser Subkulturen nachzugehen, wird ihre Geschichte in Bezug
auf Computerisierungsprozesse und deren sozio-kulturellen
Rahmenbedingungen in verschiedenen Staaten sowie der Beginn einer
digital-vernetzten Welt im Seminar untersucht. Hacker, Cracker oder
Gamer werden dabei als Teil eines kulturellen und sozialen Wandels
betrachtet, der in den 1980er und frühen 1990er Jahren nicht nur die
westlichen Industrienationen erfasste, sondern auch die europäische
Peripherie und sozialistische Staaten.